Theater Vorpommern: Der weiße Heiland - Was will uns der Künstler damit sagen??

Theater Vorpommern: Der weiße Heiland - Was will uns der Künstler damit sagen?? Stralsund. Ein paar Tage habe ich mir nun Zeit gelassen. Ein paar Tage, seit wir uns zu zweit den ‚Weißen Heiland‘ bei seiner Stralsund-Premiere in der Jacobi-Kirche angeschaut haben. Und wir haben uns wahrlich umfangreich darüber unterhalten.

 




So gesehen trotz er knapp zwanzig Besucher ein erfolgreiches Theaterstück. Doch wir kamen zu keinem Ergebnis, was die Aussagen des Stücks anbelangt. Was anderes als das Herzeigen von altbekannten Fakten hat Hauptmann damals und die heutige Regie da gekonnt? Was also darüber hinaus wollte uns Regisseur Jan Steinbach nun aktuell damit sagen? Muss er uns denn etwas sagen? Ist es überhaupt Aufgabe des Theaters, Aussagen zu treffen? Die Antwort, unsere zumindest: Ja!
Frei weg. Ehrlich gesagt möchte ich schon etwas mitnehmen aus dem Theater außer ein paar Plattitüden, die ich jeden Tag in jeder Zeitung oder meiner morgendlichen Netzrundschau und dem Presseblog besser dargestellt haben kann. Wir haben uns während der Rückfahrt auf die Insel, von der man ja trotz dem für 16 Mille saniertem Theater Putbus schon lange für gute Vorstellungen fliehen muss, wenn man nicht vier Sommer lang Caveman ertragen möchte, lange darüber unterhalten, ob wir denn eigentlich etwas wirklich Brauchbares im Stück gefunden haben. Und mussten verneinen! Gut, dass wir nur Kontingentkarten hatten. Denn was wir gesehen haben, waren Schatten von angedeuteten Bildern, die zu zeigen nicht wirklich Not tat. Modernisiert mit dem heute so zwingenden Videoclip, der anscheinend so wichtig ist, wie bei Kroetz eine Zeitlang der oder die Nackte, die über die Bühne laufen musste. Aber politisch müssen es heute (immer noch) Konzentrationslager der Nazis oder Abu Ghraib der Amerikaner sein.

Muss mir das dauernd vorgeführt werden? Krieg und Eroberung mit Gummibärchen und Kruzifix statt Glasperlen... Dann wäre ein persiflierter Gottschalk vielleicht zumindest einen Lacher wert gewesen... Doch nicht einmal wirkliche Unterhaltung, für deren banalen und einfachen Genuss selbst um des Spielens Willen das sogenannte „Kleine Haus“ des Theaters ganz nebenbei bemerkt zu kalt gewesen wäre. Daher war auch die löbliche Premierenfeier selbst im Parka wohl den meisten zu viel. Obwohl ich mich gerne noch mit Dirk Löschner darüber unterhalten hätte, wie lange er DAS, was uns da geboten wird, durchhält.

Was also haben wir als einfaches Publikum an diesem Abend gefunden? Schauspiel, das an Authentizität zu wünschen übrig ließ. Ebenso an wirklicher Spiellust, dem sogenannten und sprichwörtlichen Feuerwerk. Ein wenig heruntergespielt also,... Kaum jemandem außer vielleicht Montezuma (Marco Bahr) und Las Cazaz (Ulrich Blöcher) überzeugten uns spielerisch. Und hier nun die Gruß-Adresse an den neuen Intendanten: was möchten wir als anspruchsvolles Publikum denn dann im Theater finden? Nun, ich denke, Theater darf schon den Anspruch erfüllen, unterhaltend zu sein. Gar gesellig Gesprächsstoff liefern...

 

Theater Vorpommern: Der weiße Heiland - Was will uns der Künstler damit sagen??

 

Ich möchte weder weiterhin nach Hamburg oder Berlin fahren müssen, um mein Theater zu besuchen. Schwerin besuche ich schon aus Protest nicht!! Dabei muss „mein Theater“ nicht bequem daherkommen. Doch ich muss auch nicht die Erläuterung in Form des Flyers lesen müssen, um zu sehen oder zu vertiefen, was ich im Stück leise geahnt aber kaum für voll genommen hatte. Mein Theater ist selbsterklärend! Es hat Spiellust und überzeugt aus sich selbst heraus!

Ich habe es verstanden oder beginne zumindest damit, wenn ich das Haus verlasse. Vielleicht gibt es gar noch eine Debatte danach im Foyer oder Nacht-Café, in der ich mein Nichtwissen erweitern kann... Was aber habe ich heute mit Montezuma und einer, wie wohl in Andeutungen gemeint, immerwährenden, never ending Story von Christianisierung und Gewalt im Namen von Christen und/oder Moslems zu tun? Das ziehe ich mir in der täglichen Presseschau rein.

Was also darüber hinaus hat mir dieses Stück, völlig unbekannt , von Gerhart Hauptmann, an einem Theaterabend zu sagen? Ehrlich gesagt, nichts, rein gar nichts! Ach ja, nochmals zu Hauptmann. Gefallen lassen hätte ich mir folgendes: Auf seine Art ist Hauptmann ja ein Autor der Region, wie viel Relevanz er sonst und heute auch noch haben sollte. Da hätte ich es, nur so ein Gedanke, witzig gefunden, wenn ein Stück von ihm weniger politisch korrekt, dafür aber eher regional und aus seiner Zeit dahergekommen wäre. Mit weniger verquastem Anspruch, dafür aber vielleicht etwas mehr greifbarer Aussage, Spiellust und sogar vermitteltem Wissen.

Das Hauptmannstück „Im Wirbel der Berufung“ spielt zumindest der Anregung nach im Putbus des Fürsten Malte zu Putbus. Vielleicht wäre damit und dem Vorsatz, dass weniger mehr ist, ein Schaustück gelungen, das wenigstens irgend etwas zum „mit nach Hause nehmen“ erarbeitet oder lieber noch erspielt hätte. Was? Nun, das wäre doch etwas: ein unbekanntes Stück, das es immerhin mal zwischen Buchdeckel geschafft hat und etwas aus der Zeit und der Region vermittelt, wieder ans Licht der Theateröffentlichkeit zu bringen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger... Zugegeben, werter Herr Löschner, der sie dem Fußtritt für ein ganzes Theaterensemble gefolgt sind, unsere Erwartungen sind gerade deshalb hoch. Qualität tat und tut tatsächlich Not. Denn, wir erinnern nochmals, es wurde, um aus der Provinzialität zu kommen, ein (fast) ganzes Theaterensemble gegen neue Leute ausgetauscht. Was wohl heißen sollte: „wir machen das in jedem Fall besser!“ Und nun sind die Erwartungen hoch. Vorrangig aber an die Regie.

Nun kommen wir (endlich wieder) ins Theater und der Neue muss gnadenlos und erfolgreich liefern. Intellektualität, ok, aber um jeden Preis und um jedes Unverständnis, dem größtmöglich anzunehmenden Interpretationsspielraum? Nö! Mein oder unser Theater war das nicht. Und das scheint auch der Tenor anderer Kritiken zu sein, die ich mir wohlweislich erst jetzt, nach meinen eigenen Auslassungen, reingezogen habe. Aber es sollte natürlich so funktionieren, dass am Ende die Wanderungsbilanz der Wegbleiber und Neukommer positiv und nicht negativ ausfällt. Das wäre Ihnen, besser jedoch uns allen, zu wünschen. Andreas Küstermann Computer Scriptum Etwas habe ich doch gelernt, sollte ich lernen. Die Pressefrau versuchte mir zu sagen, dass es im Theater heute wie bei vielen Konzerten ist. Man darf keine eigenen Fotos mehr machen, sondern muss die des Theaterfotografen nehmen. Nun, wenn das so wäre, würde ich keine Besprechungen mehr schreiben. Aber das dürfte wohl doch eher eine Aussage für die noch verbliebene Provinz sein, die sich bald relativieren dürfte.

Ich jedenfalls habe eigene Berichte immer auch mit eigenen Fotos garniert. Aber es hat ja seinen Grund, dass ich das heute kaum noch mache!

 

(Andreas Küstermann/ostSeh / Bilder: ostSeh

 

Der weiße Heiland

von Gerhart Hauptmann

Regie:          Jan Steinbach
Ausstattung:       Franz Dittrich
Dramaturgie:   Sascha Löschner
Mit:  
  • Marco Bahr
  • Jan Bernhardt
  • Ulrich Blöcher
  • Sören Ergang
  • Lutz Jesse
  • Susanne Kreckel
  • Felix Meusel
  • Ronny Winter
Dauer:   2 Stunden (eine Pause)
Internet   www.theater-vorpommern.de

 



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